Bericht über den Besenbinder-Workshop am 4. Mai auf dem Kunzenhof
von Philine
Am 4. Mai fand dem Kunzenhof ein Besenbinderkurs auf statt, mal wieder ein Highlight in Sachen altem Wissen und Nachhaltigkeit. Siegfried Werner, 75, Landwirt und Besenbinder seit seinem 8. Lebensjahr, kam dafür von der Schwäbschen Alb angereist. Der Kurs entpuppte sich als Lehrstunde des bäuerlichen Wissens und wir hatten großes Glück, es so „hautnah“ vemittelt zu bekommen.
Seine handgefertigten Besen bestehen einzig aus Material, das uns die Natur schenkt- und seiner eigenen Arbeit. Kein Nagel, kein Draht, kein Plastik und alles kann wieder zu Erde werden. Und sie sind richtig gut: Viele Stadtverwaltungen aus der Schweiz und aus Baden-Würrtemberg bestellen hunderte Besen bei ihm. Sie wissen, was sie an ihnen haben, aber ihren Wert können sie nicht schätzen. Fünf Euro soll nach ihnen der Lohn pro Stück sein. Dank des Kurses bekamen wir einen Eindruck vom eigentlichen Wert dieser Reisigbesen.
Alles Material wird von Hand und auf schonendste Weise gesammelt. Das Birkenreisig muss im Dezember und Januar geholt werden, da dann der Saft der Birke ruht und das Reisig nicht bricht. Das bedeutet Eis, Schnee, Minusgrade und eine lange Suche nach den richtigen Birken. Denn die Birken dürfen nicht zu alt und nicht zu jung sein und das Reisig darf nur aus den mittelhohen Ästen kommen. So wählt Herr Werner das Material mit Fingerspitzengefühl aus. Der Stiel ist meistens Kiefer, kann aber auch Haselnuss sein. Im
Sinne der Schonung werden in Absprache mit dem Förster nur bereits abgestorbene Bäumchen ausgewählt. Zu guter Letzt werden zum Festbinden und Zusammenhalten Weidenzweige benötigt. Auch diese müssen im Winter geschnitten und kurz vor dem Binden im Frühjahr gewässert werden.
Dann fängt das Binden an: Mit den Weiden wird das Reisigbündel mehrmals fest und stramm zusammengezurrt, mit großem Geschick und viel Kraft in den Händen. Es ist wahrlich ein Wunder, was Weiden alles aushalten können! Nun wird der- zuvor am Schnitzesel entrindete und angespitzte Besenstiel in das festgebundene Reisigbündel getrieben. Er hält bombenfest! Ohne der Mühe und der Zeit der Materialbeschaffung ist unser erster Besen nach fast zwei Stunden fertig! Er ist einfach schön, solide, ein Kunstwerk aus reinen Naturmaterialien- und garantiert unbezahlbar!
Nebenbei erzählte uns Herr Werner vom bäuerlichen Leben früher. Wir hörten, wie man die Felder und Wiesen ohne Maschinen geerntet und wie man Heu gemacht hat und wir sahen, wie man Getreide gebündelt hat. Dabei wird klar, in den letzten 60-70 Jahren, in den Jahren seines Lebens, hat sich so rasant viel geändert. Wir sind mit einem Riesensprung in einem vermeintlichen Wohlstand und einer körperlichen Mühelosigkeit angekommen. Aber wir sind auch in einer Riesenentfernung von einem fürsorgenden, umsichtigen und nachhaltigen Leben gelandet. Die Idee der Nachhaltigkeit ist so alt- beim Besenbinden am Lernort Kunzenhof konnten wir begreifen, was mit Nachhaltigkeit gemeint ist.